Donnerstag, 28. März 2019

Unruhe bei der türkischen Lira vor den Kommunalwahlen

Nach den heftigen Turbulenzen im August 2018 kehrte zuletzt eine relative Ruhe bei der Türkischen Lira (Währungskennzeichen TRY) ein. Jedoch sollte allen Marktteilnehmern klar sein, dass sich an der politischen Situation nichts geändert hat und sich die wirtschaftliche Siuation durch die Zinsanhebebungen der Central Bank of the Republic of Turkey (CBRT) von 8% auf 24% tendentiell eher verschlechtern wird.

Trotzdem konnte sich die TRY stabiliseren. Musste man im August noch in der Spitze mehr als 8 TRY pro Euro (EUR) bzw. 7 TRY pro USD bezahlen, waren es im November nur noch 5,85 TRY pro EUR, bzw. 5,15 TRY pro USD.

In der Folge gab es einige Schwankungen, aber die TRY konnte sich immer
wieder erholen. Seit Anfang Februar 2019 ist jedoch eine leichte kontinuierliche Abwertung sichtbar - USD und EUR legen wieder zu. Charttechnisch blieb USD/TRY über der 200 Tage Linie (EMA, durchgezogen, blau im Chart).


Bis zum 22.März 2019, konnte man meinen, alles gehe mit rechten Dingen zu.
Doch der Kurssturz der Lira am "Black Friday" riss Investoren und Spekulanten aus der trügerischen Ruhe und war mehr als nur ein Warnzeichen. Das wurde in den Folgetagen durch exorbitant steigende Swap Rates für Long Positonen auf TRY-Paare wie EURTRY oder USDTRY sowie der Suspendierung des Handels bei einigen Forex-Brokern (z.B. Tickmill) deutlich.

Laut einem Artikel des Handelsblattes [1] erschweren türkische Banken den Verleih der TRY an ausländische Banken durch Zinsaufschläge, was zu den deutlich gestiegenen Zinssätzen bei den Swap-Rates geführt hat. Dies kann auf Anweisung der türkischen Zentralbank oder sogar der Regierung erfolgt sein, um die Spekulation gegen die Lira so zu verteuern, dass sie sich nicht mehr lohnt. Gut möglich, dass am Freitag (22.03.2019) einige Marktteilnehmer vorab Wind von den Maßnahmen bekommen haben und noch schnell ausgestiegen sind.

Ausländische Anleger fliehen diese Woche ebenfalls aus dem türkischen Aktien- und Anleihemarkt, was an auch hier zu fallenden Kursen und steigenden Renditen führte. Jedoch will keiner die dadurch freigesetzten TRY kaufen, vor allem die türkischen Banken nicht, weshalb ausländische Banken, darunter anscheinend auch die Commerzbank, auf den TRY-Währungsbeständen sitzen bleiben. Dies alles hat de facto den Charakter einer verdeckten Kapitalverkehrskontrolle - und das Motiv ist klar: Die Stabiliserung der Lira vor allem vor den in wenigen Tagen (31.03.2019) anstehenden Kommunalwahlen. Jedoch werden, wenn dies nur allzu deutlich wird, auch die Kapitalströme aus dem Ausland fern bleiben. Möglich wäre auch, dass die Konvertibilität der Währung infrage gestellt wird und sich ggf. ein Zweitmarkt außerhalb der Türkei bildet. Zumindest ist damit zu rechnen, dass die Liquidität im Handel mit der TRY weiter abnimmt, was zu steigenden Spreads und damit auch zu steigenden Kosten für die türkische Volkswirtschaft führt.


Alles in Allem ist also Vorsicht geboten - auch für Investoren, die z.B. über einen ETF am türkischen Aktienmarkt investiert sind. Die Warnungen des türkischen Präsidenten Erdogan sind in diesem Zusammenhang durchaus ernst zu nehmen, denn kurzfristig kann der durchaus Ärger bereiten, wie man bereits sieht, langfristig aber auch der Türkei schaden, was ihn aktuell sicherlich weniger interessiert.

[1] Artikel im Handelsblatt (Online-Ausgabe), abgerufen am 28.03.2019 https://www.handelsblatt.com/finanzen/maerkte/devisen-rohstoffe/absturz-der-tuerkischen-waehrung-investoren-stecken-in-der-lira-falle-heftige-turbulenzen-am-anleihemarkt/24149998.html