Mittwoch, 30. November 2022

Bist du auch Kunde bei der Knauser-Bank? (Eine Glosse)

Treffen sich zwei Freunde:

"Bist Du auch Kunde bei der Knauser-Bank?"


"Bei der was?"

"Nun, bei der Bank, die bei den Zinsen knausert. Die EZB hat doch schon drei Mal den Leitzins angehoben, um insgesamt 2%, aber meine Bank zahlt weiterhin nichts auf's Tagesgeldkonto."

"Ach so, meine zahlt 0,01% p.a., aber ab Dezember soll es endlich 0,30% p.a. geben."

"Klar, aber viel zu spät, andere Banken haben schon viel früher erhöht."

"Nun, ein erster Schritt, immerhin."

"Ja, aber viel zu klein, denn bei anderen Banken gibt es schon deutlich mehr Zinsen."

"Nun, die haben das ja schon vor zwei Monaten angekündigt, dass sie die Zinsen erhöhen wollen. Da konnten sie noch nicht wissen, dass die weiter steigen."

"Merkst Du was? Das ist ein reiner Marketing-Gag: Lange Zeit die Kunden mit einem Zins-Angebot ködern, aber noch nichts zahlen. Also typisch für Knauser-Banken."

"Ja, ich meinte ja auch, das sei zu spät. Daraufhin hat man mir ein Festgeld angeboten."

"Mit welcher Laufzeit? Und welchem Zins?"

"Ein Jahr, und irgendwas mit Null Komma Prozent."

"Und hast Du abgeschlossen?"

"Nein, bis jetzt noch nicht, aber ich wollte noch."

"Ja bist Du wahnsinnig? Dann bekommt Du den mickrigens Zins ein ganzes Jahr lang."

"Ist aber doch mehr als die 0,30% auf's Tagesgeld."


"Ja, aber beim Tagesgeld kann der Zins noch steigen, während du beim Festgeld einen Zins hast, der unverändert bleibt."

"Na, bis der weiter steigt, das dauert bestimmt noch. Da liege ich mit dem Festzins besser."

"Damit bist du aber nicht flexibel, sondern gebunden, wenn es bessere Angebote am Markt gibt.

"Ja, brauche ich mir ein Jahr keine Sorgen zu machen."

"Ja, Du hast Dein Geld für ein Jahr aus der Hand gegeben. Die Bank zahlt Dir einen homöopatischen Zins."

"Ich finde den Zins ganz okay. Homöopatisch sind eher die aktuellen 0,01%."

"Schau, hier wirbt eine Bank sogar mit 1,25% p.a. auf das Tagesgeld".

"Aber das ist doch bestimmt nur ein Neukunden-Zins", den hast Du dann drei Monate, und dann fällst Du auf die kümmerliche Zinsen für Bestandskunden zurück."

"Nein, das ist für alle Kunden, mit Zinsgarantie bis 31.03.2023."

"Und wo ist der Haken?"

"Ich sehe keinen. Der Markt gibt das her beim aktuellen Leitzins der EZB. Man muss nur die richtige Bank wählen. Das ist Marktwirtschaft."

"Ich sehe den Haken - Du musst ein Girokonto dazu eröffnen. Nur vom Tagesgeld könnten die doch nicht leben, mit dem Zins."

Kommt ein dritter Freund dazu:

"Juhu, ab Morgen wieder 0,40% Zinsen auf's Tagesgeldkonto. Aber die haben auch lange genug geknausert."

"Was? Mehr als bei uns? Bei welcher Bank ist das denn?"

"Bei der Bank mit den drei Buchstaben."

"Achso, bei der Das Kann Bank NICHT, mit den drei Buchstaben in blau. Oder auch in weiß mit blauem Hintergrund."

"Na so schlimm ist es auch nicht."

"Nun, die eine App ist erforderlich, um mit Wertpapieren zu handeln, und die andere App ist erforderlich, um die Debitkarte zu verwalten. Zudem wurde versprochen, das die GiroCard den Bestandskunden kostenlos erhalten bleibt, aber das wurde nach nur einem Jahr wieder gebrochen."

"Bei mir kosten alle Karten Geld. Und Wertpapiere handele ich lieber nicht spontan in der App. Das bringt nichts ein."

"Tja, dann bist du wohl auch bei der falschen Bank."

"Nun, ich hab alle Karten gekündigt und nutze das Konto nur noch für den Zahlungsverkehr. Wobei die SparkassenCard schon gut war, denn fast überall gab es Automaten, an denen man kostenfrei abheben konnte."

"Ich versuche, mit möglichst wenig Bargeld herum zu laufen und mache fast nur noch Apple Pay."

"Das hat bei meiner Bank leider ewig gedauert, bis die das hin bekommen haben. Da war meine Heim-Sparkasse sogar schneller."

"Dann komm zur größten Bank, mit den anderen drei Buchstaben. Da bekommst du als Neukunden sogar 1,00% für vier Monate, und ich kann dich werben."


"Juhu, Dein Realzins beträgt bei 10% Inflation nur noch -9%, statt -10%." Das muss ja auch mal gesagt werden.

Eine Minute betroffenes Schweigen.

"Ja, aber wenn ich wechsele, meine Wertpapiere..."

"Die kannst du ganz normal mit umziehen. Einige Geschäfte, mit Derivaten beispielsweise, kanst Du genauso gut über einen der Neo-Broker machen. Da sparst Du noch mal an den Ordergebühren. Und wirst nicht ständig lahm gelegt, wenn der Dienstleister mal wieder Schluckauf hat. Aus dem Grund nutze ich das Depot bei meiner Bank nur für längerfristige Anlagen und das Depot beim Broker der Organisation habe ich ganz aufgelöst.

"Und auf's Tagesgeldkonto gehört nur das Geld, das Reserve ist, auf welches Du kurzfristig zugreifen musst." Alles andere kannst Du auch besser anlegen. Und mit finanzieller Bildung, die in Deutschland leider rar gesät ist, weiß man das auch."

Montag, 28. Februar 2022

Zins-Jäger in der Falle

Mit einer Erhöhung des Zinses auf das Tagesgeld von 0,10% auf 0,50%, für das 12-monatliche Festgeld von 0,30% auf 1,00% und sogar bis zu 1,50% für längere Laufzeiten - damit versuchte die Sberbank Direct in den letzten Tagen noch Kundengelder anzuwerben. Doch gestern (Sonntag 27. Februar 2022) hat die zuständige österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) ein Moratorium über die Sberbank Europe AG (PDF der FMA) bis einschließlich 01. März 2022 verhängt.

Damit kommen die Kunden vorerst nicht mehr an ihre Einlagen. Eine Verlängerung des Moratoriums ist sehr wahrscheinlich, ebenso wie eine mögliche Insolvenz der europäischen Banktöcher und deren Abwicklung. In diesem Fall würde die österreichische Einlagensicherung bis zu einem Betrag von 100.000 Euro die Sparguthaben absichern.

Bei der VTB Direktbank sind Auszahlungen grundsätzlich noch möglich. Die hinter der Marke VTB Direktbank stehende VTB Bank (Europe) SE mit Sitz in Frankfurt am Main, für die die deutsche BaFin zuständig ist, ist eine europäische Tochtergesellschaft der russischen VTB. Die Konditionen beim Tagesgeld sind eher mau (Zinsen von 0,01% p.a.), aber bei den Festgeldzinsen schon deutlich im höheren Bereich. Da neben der gesetzlichen Einlagesicherung eine Absicherung über Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. besteht, ist der abgesicherte Betrag höher. Das könnte im Falle einer Insolvenz auch wieder zu schlechter Stimmung im Bankenverband führen, wie nach der Pleite der Greensill Bank vor rund einem Jahr.

Rette sich, wer kann!

Alle oben genannten Zinssätze zeigen deutlich, dass es sich bei angelegten Geldern um ein zinsloses Risiko handelt - denn nach Steuern und Inflation ist der Ertrag negativ. Insofern gilt für das Tagesgeld bei der VTB Direktbank nur: Rette sich, wer kann. Dabei sollte man auch nicht mehr der Floskel "Ihr Geld ist bei uns sicher" auf der Homepage vertrauen.

Bei der Sberbank ist es bereits zu spät; hier hilft nur noch abwarten. Bleibt zu hoffen, dass die BaFin ein potentielles Moratorium nicht verschlafen hat. Möglicherweise macht die EZB auch Druck. Allerdings hat sich die Liquiditätslage bei der VTB seit Beginn des Krieges in der Ukraine nicht unbedingt verschärft und es gab keine Erhöhung der Einlagezinsen wie bei er Sberbank, was bereits ein untrügliches Zeichen für Schwierigkeiten war.

Zuletzt stellt sich die Frage, wofür die von beiden Bank eingeworbenen Kundengelder verwendet werden. Die zuständigen Finanzaufsichten überwachen zwar inzwischen, dass kein Geld nach Russland abfließt. Für die Vergangenheit kann man sich jedoch nicht sicher sein, dass das Geld nun schlimmstenfalls auch zur Finanzierung des Krieges verwendet wird.

Nachtrag vom 02.03.2022

Die FMA hat auf Basis einer Anweisung der Europäischen Zentralbank (EZB) der Sberbank Europe AG mit Sitz am Schwarzenbergplatz 3, 1010 Wien, per Mandatsbescheid vom 01.03.2022 gemäß § 70 Abs. 2 Z 4 BWG mit sofortiger Wirkung die Fortführung des Geschäftsbetriebs zur Gänze untersagt. Die Details finden sich auf der Webseite der FMA.

Die VTB Direktbank ist heute Morgen online nicht mehr erreichbar. Jemand hat das Zertifikat zurück gezogen, denn es erscheint die Fehlermeldung:
SEC_ERROR_REVOKED_CERTIFICATE