Montag, 28. Februar 2022

Zins-Jäger in der Falle

Mit einer Erhöhung des Zinses auf das Tagesgeld von 0,10% auf 0,50%, für das 12-monatliche Festgeld von 0,30% auf 1,00% und sogar bis zu 1,50% für längere Laufzeiten - damit versuchte die Sberbank Direct in den letzten Tagen noch Kundengelder anzuwerben. Doch gestern (Sonntag 27. Februar 2022) hat die zuständige österreichische Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) ein Moratorium über die Sberbank Europe AG (PDF der FMA) bis einschließlich 01. März 2022 verhängt.

Damit kommen die Kunden vorerst nicht mehr an ihre Einlagen. Eine Verlängerung des Moratoriums ist sehr wahrscheinlich, ebenso wie eine mögliche Insolvenz der europäischen Banktöcher und deren Abwicklung. In diesem Fall würde die österreichische Einlagensicherung bis zu einem Betrag von 100.000 Euro die Sparguthaben absichern.

Bei der VTB Direktbank sind Auszahlungen grundsätzlich noch möglich. Die hinter der Marke VTB Direktbank stehende VTB Bank (Europe) SE mit Sitz in Frankfurt am Main, für die die deutsche BaFin zuständig ist, ist eine europäische Tochtergesellschaft der russischen VTB. Die Konditionen beim Tagesgeld sind eher mau (Zinsen von 0,01% p.a.), aber bei den Festgeldzinsen schon deutlich im höheren Bereich. Da neben der gesetzlichen Einlagesicherung eine Absicherung über Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e. V. besteht, ist der abgesicherte Betrag höher. Das könnte im Falle einer Insolvenz auch wieder zu schlechter Stimmung im Bankenverband führen, wie nach der Pleite der Greensill Bank vor rund einem Jahr.

Rette sich, wer kann!

Alle oben genannten Zinssätze zeigen deutlich, dass es sich bei angelegten Geldern um ein zinsloses Risiko handelt - denn nach Steuern und Inflation ist der Ertrag negativ. Insofern gilt für das Tagesgeld bei der VTB Direktbank nur: Rette sich, wer kann. Dabei sollte man auch nicht mehr der Floskel "Ihr Geld ist bei uns sicher" auf der Homepage vertrauen.

Bei der Sberbank ist es bereits zu spät; hier hilft nur noch abwarten. Bleibt zu hoffen, dass die BaFin ein potentielles Moratorium nicht verschlafen hat. Möglicherweise macht die EZB auch Druck. Allerdings hat sich die Liquiditätslage bei der VTB seit Beginn des Krieges in der Ukraine nicht unbedingt verschärft und es gab keine Erhöhung der Einlagezinsen wie bei er Sberbank, was bereits ein untrügliches Zeichen für Schwierigkeiten war.

Zuletzt stellt sich die Frage, wofür die von beiden Bank eingeworbenen Kundengelder verwendet werden. Die zuständigen Finanzaufsichten überwachen zwar inzwischen, dass kein Geld nach Russland abfließt. Für die Vergangenheit kann man sich jedoch nicht sicher sein, dass das Geld nun schlimmstenfalls auch zur Finanzierung des Krieges verwendet wird.

Nachtrag vom 02.03.2022

Die FMA hat auf Basis einer Anweisung der Europäischen Zentralbank (EZB) der Sberbank Europe AG mit Sitz am Schwarzenbergplatz 3, 1010 Wien, per Mandatsbescheid vom 01.03.2022 gemäß § 70 Abs. 2 Z 4 BWG mit sofortiger Wirkung die Fortführung des Geschäftsbetriebs zur Gänze untersagt. Die Details finden sich auf der Webseite der FMA.

Die VTB Direktbank ist heute Morgen online nicht mehr erreichbar. Jemand hat das Zertifikat zurück gezogen, denn es erscheint die Fehlermeldung:
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