Freitag, 15. November 2019

Mit "zero commission" die Broker-Szene aufmischen

Eine Erhöhung der Order-Provisionen ist für die Direkt-Broker in Deutschland nicht salonfähig. Dafür erhöhen sie die zusätzlichen Gebühren, meist als "Handelsplatz-Entgelte" deklariert. In der Konsequenz wurde das Handeln in letzter Zeit teurer, und selbst die zuvor billigen Broker wie flatex sind de facto teurer geworden, auch wenn diverse Schaufenster-Aktionen potentiellen Kunden das Gegenteil vermitteln wollen.

Auf den Spuren von Robinhood


Genau hier setzen die drei neuen Broker Trade Republic, JustTRADE und GRATISBROKER an. Trade Republic ist seit dem ersten Halbjahr 2019 in Deutschland aktiv und war im April bereits auf der Invest in Stuttgart vertreten. justTRADE wollte am 1. Oktober 2019 starten. Erfahrungsberichte zu diesem Broker sind indes noch nicht zu bekommen, daher ist zu vermuten, dass der Betrieb über die Testphase mit ausgewählten Beta-Kunden noch nicht wesentlich hinaus gekommen ist. Besser sieht es beim Dritten im Bunde aus, dem GRATISBROKER, beim dem eine Depot-Eröffnung möglich ist, jedoch die Produktpalette noch nicht ganz vollständig erscheint.

Geschäftsmodell


Dabei werden sogar die Handelsbgebühren des niederländischen Billig-Brokers DEGIRO unterboten. Vorbild ist der US-Broker Robinhood. Trade Rebublic wirbt damit, "Deutschlands erster mobiler und provisions­freier Broker" zu sein. Etwas versteckt kann man nachlesen, dass "lediglich eine Fremdkostenpauschale von einem Euro pro Handelsgeschäft für die Abwicklung" anfällt. Finanziert wird das Geschäft über "eine Rückvergütung vom Handelspartner". Eine Tatsache, welche die Mitbewerber auch in Zeiten der Richtlinie MiFID II gerne verschweigen. Auch bei JustTRADE und GRATISBROKER wird diese Rückvergütung ("kickback"), zur Finanzierung verwendet und dürften neben Bestandsvergütungen für Fonds und ETFs die Haupteinnahmequelle sein. Depotgebühren erhebt keiner der drei neuen Broker.

Einschränkungen bei den Handelsplätzen...


Die genannte "Rückvergütung vom Handelspartner" gibt es nicht insbesondere nicht beim Handel über Börsen, und daraus ergibt sich eine starke Einschränkung bei den verfügbaren Handelsplätzen.

Trade Republic und justTRADE bieten LS Exchange an, justTRADE zusätzlich Quotrix. Beim GRATISBROKER ist gettex der einzige bisher mögliche Handelsplatz. Allen drei genannten Handelsplätzen ist gemein, dass sie immerhin der Handelsüberwachung der jeweiligen Börse (Hamburg, Düsseldorf und München) unterliegen. Der Trend aus den USA, entsprechende Kundenaufträge über "market maker" abzuwickeln, ist hier nur in abgeschwächter Form vorhanden.

... und der Anzahl der Wertpapiere


Eine zahlenmäßige Beschränkung ergibt es damit auch für die Anzahl der handelbaren Wertpapiere: Bei Trade Republic via LS Exchange sind es ca. 7800 Aktien und ETFs. Quotrix bietet aktuell rund 14.000 Wertpapiere. Der GRATISBROKER nutzt das Kontingent von gettex nur in Teilen aus, und startet mit 3600 Akiten, 180 ETFs und 2100 Fonds.

Handel von Derivaten


Der Handel mit Derivaten kam bei Trade Republic am 16. Juli 2019 hinzu. Aktuell können rund 40.000 Wertpapiere von HSBC Trinkaus über die Plattform gehandelt werden. Bei justTRADE werden gleich drei Handelspartner angebunden: Vontobel, die Société Générale und die UBS. Ähnlich wie bei HSBC handelt es sich dabei nicht um die Größten der Branche, aber mit einigen Spezialitäten: Vontobel bietet u.a. Zertifikate auf Kryptos, die Société Générale ist bei exotischen Optionsscheinen führend. Beim GRATISBROKER ist der Derivatehandel noch für 2019 geplant und ließe sich auch relativ leicht bewerkstelligen, da über gettex bereits die Derivate der HypoVereinsbank onemarkets und HSBC Trinkaus gehandelt werden können. Insofern scheint der Zeitplan auch realistisch.

Unterschiedliche Handelsplattformen für den Kunden


Ebenfalls gewöhnungsbedürftig ist, dass der Zugriff bei Trader Republik ausschließlich über die App erfolgen kann. Auch dieses "mobile only" Konzept wird von mancher Bank schon umgesetzt, jedoch zumeist beim Girokonto. Die App sollte man auch nur zum Handeln benutzen und die technische Analyse bzw. die Auswahl der Wertpapiere zuvor am Computer gemacht haben.

JustTRADE will zusätzlich zur App auch eine Weboberfläche zum Handeln anbieten. GRATISBROKER hat auf die Entwicklung einer eigenen App verzichtet und bietet ein "responsive Webdesign", welches auf allen Plattformen, also auch Mobiltelefonen, nutzbar sein soll.

Weitere Besonderheiten und Fallstricke


Ganz kostenlos ist der Handel dann doch nicht: Bei Trade Republic fällt eine Fremdkostenpauschale in Höhe von 1 € pro Vorgang für die Abwicklung an, also beim Kauf und beim Verkauf.

Bei  JustTRADE ist darauf zu achten, dass auf das Guthaben des Verrechnungskontos 0,5% Minuszinsen anfallen. Dies entspricht dem aktuellen Einlagensatz der Europäischen Zentralbank und wird in der Form auch z.B. bei flatex erhoben. Da zwischen Ausführung und Erfüllung einer Kauforder immer zwei Bankarbeitstage liegen und das Geld ab der Order-Ausführung in voller Höhe zur Verfügung stehen muss, fallen hier zusätzliche Kosten in Form von Minuszinsen an, die jedoch nicht für das Finanzamt berücksichtigt werden können. Mitbewerber Trade Republic wirbt daher auch schon mit "Keine Negativzinsen".

Bei JustTRADE und beim GRATISBROKER ist ein Mindestordervolumen von 500€ vorgesehen. Beim GRATISBROKER wird zudem explizit erwähnt, dass das Volumen für einen Verkauf kleiner sein darf, sofern es sich dabei um die komplette Position handelt.

Zudem ist beim Handeln auf die Uhrzeit zu achten, wann man kauft oder verkauft: Zwar orientieren sich die Kursspannen (Spreads) der Werte am Referenzmarkt Xetra, doch außerhalb der XETRA-Handelszeiten, also vor 9:00h und nach 17:30h, ist mit höheren Spreads zu rechnen. Diese sind für den Kunden ein zusätzlicher, versteckter Kostenfaktor. Das gilt insbesondere für den Handel über LS Exchange zwischen 7:30h und 8:00h sowie 22:00 und 23:00h. gettex und Quotrix handeln lediglich von 8:00-22:00h.

Eine Depotübertragung zu den neuen "Zero-Commission Broker" ist nicht möglich, lediglich ein ausgehender Depotübertrag bei Beendigung der Geschäftsbeziehung. Als Grund werden hier "zu hohe Kosten" genannt.

Einlagensicherung bei 100.000€


Keine Sorge muss man sich im Normalfall um die Sicherheit der Einlagen machen. Bei Trade Republic verwaltet der Partner Solarisbank die Kundengelder, bei JustTRADE ist es die Sutor Bank und beim GRATISBROKER die Baader Bank. In allen Fällen sind Kundengelder damit bis zu einer Höhe von 100.000€ geschützt. Zum Vergleich: Bei DEGIRO beträgt die Höhe der Sicherung lediglich 20.000€, weil DEGIRO keine Bank ist.

Kostenlose Sparpläne bei Trade Republic


Ganz neu sind seit dem 05. November 2019 kostenlose ETF-Sparpläne bei Trade Republic. Hierfür wurde iShares als Partner gewonnen, wodurch eine Palette von 280 ETFs möglich ist. Für ein Anlagevolumen von 25 € bis 5000 € wird dabei auch auf die Fremdkostenpauschale verzichtet. Wie gut jedoch der Ausführungskurs ist, wird sich noch zeigen müssen.

Warteliste bei justTRADE


Ähnlich wie zu den Anfangszeiten bei Trader Republic gibt es bei justTRADE eine Warteliste, was sich aus der Ankündigung einer schrittweisen Freischaltung der Kunden ergibt. Man wird also sehen, wie lange es noch dauert, bis man mit justTRADE tatsächlich handeln kann. Bei Trade Republic und dem GRATISBROKER sind Depoteröffnungen direkt durch die angebotene Online-Legitimation auch relativ schnell und unkompliziert möglich.

Alle drei Broker auf der "World Of Trading"


Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte - so kann man die Situation aktuell sehen, denn justTRADE hängt dank der Warteliste hinterher. Währenddessen können die anderen beiden bereits auf Kundenfang gehen. Alle drei wollen jedoch in der Trader-Szene bekannter werden und sind am 15. und 16. November 2019 auf der World of Trading in Frankfurt vertreten. Ich werde im Anschluss an die Messe weiter berichten.



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